Gudrun Mittermeiers "Seeheim" ist großer Pop - eingängig und tiefgründig, warm und klug und mitreißend. Alles nur nicht oberflächlich - so hat Gudrun Mittermeier einmal ihre künstlerische Haltung formuliert und da ist es nur konsequent, dass "Seeheim" Tiefen ausloten will, die Tiefen des Mensch- und des Frau-Seins, diejenigen Bereiche in uns selbst, an denen Stolz, Liebe, Trauer und Wut das Panorama bilden. Dafür wählt sie, gleichsam janusköpfig und doppelbödig wie das Leben selbst, zwei Sprachen und so schmiegen sich in ihren Songs englische Textzeilen in das Bayrische, das weich und sanft seine Geschichten erzählt. Gudrun Mittermeier unterstreicht die starke lyrische Ausdruckskraft des Dialekts durch ihre Stimme, die mal singt, mal flüstert, atmet und sich beschwörend zum Zauberspruch erhebt. Dazu pulsiert die Gitarre wie eine tickende Uhr, Streicher steigen wie Bodennebel aus Keyboardflächen empor, neben den live eingespielten Instrumenten hören wir computergenerierte Klänge, sphärische Synthies und elektronischen Beats. So hat "Seeheim" zwei Seiten, es ist voll Melancholie und sensibler Poesie, kommt dunkel und doch auch federleicht daher, berührt uns und reißt mit. Am Ende hat die Singer-Songwriterin ein Album gemacht, das wahrhaft seinesgleichen sucht - es geht den Dingen auf den Grund und lässt sie fliegen.